Diente die "Software für Marktmanipulation" für Kreditderivate?

Wie das Handelsblatt berichtet, ermittelt das US Justizministerium, ob die grossen Anteilseigner des einschlägigen Datenlieferanten Markit Group - JP Morgan Chase, Bank of America, Royal Bank of Scotland und Goldman Sachs - die Daten für Insiderhandel mit sogenannten "credit default swaps" verwendet haben.

Erst kürzlich machte eine "Software für unfaire Marktmanipulation", die Goldman Sachs abhanden gekommen war, Schlagzeilen. Goldman Sachs befürchtete laut Staatsanwaltschaft, dass Dritte sie für genau diesen Zweck einsetzen könnten. Der aus den Diensten der Bank ausgeschiedene, beschuldigte Programmierer gab hingegen an, allenfalls versehentlich Daten von Goldman Sachs, ansonsten aber open source software kopiert zu haben.

Wie funktioniert Börsenvorhersagesoftware?

Eine gute Börsenvorhersagesoftware kann ähnlich wie Programme aufgebaut sein, die das Wetter oder andere Dinge mathematisch anhand historischer Daten vorhersagen. Etliche Module solcher komplexen Vorhersageprogramme findet man tatsächlich auch als open source software , die von jedermann für Vorhersagen auf verschiedensten Gebieten verwendet und in Baukastenform zusammengestellt werden kann, frei im Internet. Ohne Know-How nützt einem das freilich nichts. Als zweite, nicht minder wichtige Komponente kommen aber die Datensätze hinzu, die diese Software dazu befähigen, aus den historischen Kursen Prognosen zu erstellen. Hier trennt sich gewissermassen die Spreu vom Weizen. Während die mathematischen Verfahren und daraus abgeleiten Programme im Prinzip frei zugänglich sind, sind es Echtzeitdaten von den Börsen nicht. Diese benötigt man, um in beinahe-Echtzeit Kurzfristprognosen zu erstellen und sofort danach zu handeln. Solche Kurzfristprognosen sind nämlich am zuverlässigsten. Erst recht gilt das für die Daten der Credit Default Swaps : Dort, wo mit Milliarden gezockt wird, gibt es keine regulierten Börsen, also auch keine Börsenaufsicht, die Marktteilnehmer, Investment- und Großbanken, große Industrieunternehmen, angeblich "too big to fail", regeln alles im globalen Kasino unter sich.

Was macht(e) die Software von Goldmann Sachs - u.a. ?

Ideal ist es natürlich, als Herr über die Daten womöglich Kenntnisse von beauftragten, aber noch nicht ausgeführten Großaufträgen zur Verfügung zu haben. Dann kann man stets optimale Ergebnisse erzielen und den übrigen Marktteilnehmern eine Nase drehen. Genau wegen dieses Verdachts scheint man nun in den USA gegen die "too big to fail" zu ermitteln. Auch die beim angeblichen Softwarediebstahl angedeutete volkswirtschaftliche Dimension der Missbrauchsmöglichkeiten wäre typisch für solcherart gehandelte credit default swaps.

Zum Handelsblatt-Artikel

Nachtrag: Credit Default Swaps (CDS)

Ein "credit default risk" beschreibt das Risiko, dass ein Schuldner seinen Kredit nicht zurückzahlen kann. Swaps hingegen stellen eine Vereinbarung zwischen Parteien dar, in der Zukunft bestimmte Zahlungsströme (engl. future cash flows) auszutauschen. Ein credit default swap oder auch nur default swap sind feste Zahlungen einer Partei, denen die Zahlung der anderen Partei nur im Falle der Zahlungsunfähigkeit eines Dritten, des Schuldners eines Kredits der ersten Partei, gegenübersteht. Laut der Bank für internationalen Zahlungsausgleich hatte der globale Markt der "over-the-counter derivatives", d.h. solcher swaps, am 30. Juni 2001 ein Volumen von 100 Billionen Dollar. Over-the-counter Markt bedeutet, dass Händler - eben vor allem die "too big too fail" - sowohl für andere als auch für sich selbst mit diesen Derivaten handeln bzw. spekulieren.

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