Weitere Klage gegen den EU-Vertrag offenbar bisher nicht Gegenstand mündlicher Verfassungsgerichtsverhandlung

Wie bereits mehrfach berichtet, findet kommende Woche eine zweitägige Verhandlung vor dem Bundesverfassungsgericht in Sachen des EU-Vertrages von Lissabon statt, der wesentliche Hoheitsrechte Deutschlands an die dafür nach Ansicht der Kläger nicht hinreichend demokratisch verfasste EU abgibt. Nicht Gegenstand der Verhandlung ist bisher die Klage von Sarah Hassel-Reusing, die noch weitere Aspekte des EU-Vertrags von Lissabon ins Visier nimmt.

Dies mag der Form der Klage geschuldet sein, die nicht von einem Juristen, sondern von der Klägerin selbst verfaßt wurde. Inhaltlich hat es diese Klage jedoch in sich, wenn die dortigen Aussagen zutreffen, was wegen der künstlich geschaffenen skandalösen Komplexität der Vertragswerke (noch) nicht abschließend nachvollziehbar, aber außerordentlich plausibel ist:

Nach der Klageschrift würde über den Umweg des im Vertrag festgeschriebenen Vorrang jeglichen EU-Rechts vor dem Grundgesetz, der auch hier schon thematisiert wurde, insbesondere der Weg frei für eine großangelegte, aus EU-Sicht u.U. verpflichtende Privatisierung öffentlicher bis hin zu hoheitlichen Aufgaben (Polizei, Gefängnisse, Justiz), in der Form der Beauftragung Privater mit der Durchführung der nach wie vor öffentlichen Aufgaben. Die Bundesrepublik Deutschland würde so auf dem Umweg über die EU vom bewährten, Gewalten-geteilten bzw. verschränkten Verfassungsstaat zu einem Gewährleistungsstaat , welches Modell gerne von den daran verdienenden Firmen wie u.a. der Bertelsmann AG bzw. Stiftung mit ihrer Tochter Arvato propagiert wird. Die staatliche Wahrnehmung solcher Aufgaben gemäß dem dann niederrangigen Recht des Art. 33 IV GG würde zur Ausnahme, die jeweils gegenüber der EU-Kommission zu rechtfertigen wäre, Firmen wie Arvato könnten u.U. die Ausschreibung dieser Aufgaben vor dem Europäischen Gerichtshof u.a. aufgrund von Artikel 14 des Vertrages über die Arbeitsweise der EU (alt 16 EGV) einklagen (Details s.S. 102ff der Klageschrift ). Nach der gleichen Logik könnten Söldnerarmeen im Auftrag der EU tätig werden.

Eines steht jedenfalls fest: Allein die enormen Schwierigkeiten, solche für die politische Zukunft unseres Landes entscheidende Argumentationen anhand der Vertragstexte überhaupt nachvollziehen oder widerlegen zu können, zeigen Absurdität und Monströsität des Vertragswerkes, und verstoßen damit, wie auch die Klage sagt, auch noch gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Normenklarheit.

siehe auch

Übersichtsartikel der Klägerin in Englisch

Lissabon-Vertrag ausführlichst vor dem Bundesverfassungsgericht

Inhaltspezifische Aktionen