Korruption und Misswirtschaft: Vorstandsmillionen gerechtfertigt?

Gestern zu später Stunde diskutierten unter der Moderation von Bärbel Schäfer bei N24 Moritz Hunzinger und Prof. Hans-Joachim Selenz über das Thema. In der knappen halben Stunde war es freilich nicht einfach, Ursachen, Mechanismen und Wirkungsweisen genauer zu beleuchten.

Dabei war es besonders interessant, die Mimik zu beobachten: Während der Altmeister der PR-Berater zwischen Politik und Wirtschaft, Moritz Hunzinger, die gesamte Zielrichtung der Diskussion offenbar eher als wenig beglückend empfand, war der frühere Preussag-Vorstand und Autor von "Schwarzbuch VW" und "Wildwest auf der Chef-Etage", Prof. Hans-Joachim Selenz, gewissermassen in seinem Element. Denn auch mit dieser Sendung wurde den von ihm schon länger massiv und völlig zu Recht kritisierten Mißstände ein weiteres Stück verdienter Öffentlichkeit beschert. Während Hunzinger die Überbezahlung von Vorständen im Mißverhältnis zu ihrer Leistung eher als Einzelfälle beschrieben sehen wollte, und als konkretes Beispiel die Deutsche Bahn AG erwähnte, sah Selenz eher ein strukturelles Problem: Vorstände und Aufsichtsräte stehen in einem gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis und genehmigen sich gegenseitig immer höhere Gehälter, vor allem in Unternehmen mit anonymer Eigentümerstruktur. Hunzinger wollte dies so nicht gelten lassen, sah jedoch auch eine nicht mehr für lange tragbare gesellschaftliche Situation, wie sie sich beispielsweise in der Gehaltsschere zwischen Bahnvorstand und Lokführern widerspiegele. So etwas sei schlicht nicht der Öffentlichkeit vermittelbar. Er sei daher zuversichtlich, dass alleine die öffentliche Debatte ihre Wirkung nicht verfehlen werde.
In dieser Hinsicht gab sich Prof. Selenz weit weniger optimistisch: Man müsse über Regeln nachdenken, weil der Anstand bei Vorständen und Aufsichtsräten beim eigenen Geldbeutel zumeist aufhöre. Besonders interessant sei der Ansatz von J.P. Morgan, der vor hundert Jahren gesagt habe, ein mehr als zwanzigfacher Unterschied zwischen dem Gehalt eines Arbeiters und des Vorstands sei vom Übel.

Auch die Bank des vor einem halben Jahrhundert verstorbenen J.P Morgan praktiziert diese Grundsätze ihres Gründervaters allerdings schon lange nicht mehr... und kämpft jetzt wie die anderen Branchengrößen mit der US Immobilien-Finanzkrise, die letztlich auch durch schrankenlose Profitgier ausgelöst wurde.

Inhaltspezifische Aktionen