Korruption und Misswirtschaft: Vorstandsmillionen gerechtfertigt?
Dabei war es besonders interessant, die Mimik zu beobachten: Während
der Altmeister der PR-Berater zwischen Politik und Wirtschaft,
Moritz Hunzinger,
die gesamte
Zielrichtung der Diskussion offenbar eher als wenig beglückend empfand,
war der frühere Preussag-Vorstand und Autor von "Schwarzbuch VW" und
"Wildwest auf der Chef-Etage",
Prof. Hans-Joachim Selenz,
gewissermassen in seinem Element. Denn auch mit dieser Sendung wurde
den von ihm schon länger massiv und völlig zu Recht kritisierten
Mißstände ein weiteres Stück verdienter Öffentlichkeit beschert.
Während Hunzinger die Überbezahlung von Vorständen im Mißverhältnis zu
ihrer Leistung eher als Einzelfälle beschrieben sehen wollte, und als
konkretes Beispiel die Deutsche Bahn AG erwähnte, sah Selenz eher ein
strukturelles Problem: Vorstände und Aufsichtsräte stehen in einem
gegenseitigen Abhängigkeitsverhältnis und genehmigen sich gegenseitig
immer höhere Gehälter, vor allem in Unternehmen mit anonymer
Eigentümerstruktur. Hunzinger wollte dies so nicht gelten lassen, sah
jedoch auch eine nicht mehr für lange tragbare gesellschaftliche
Situation, wie sie sich beispielsweise in der Gehaltsschere zwischen
Bahnvorstand und Lokführern widerspiegele. So etwas sei schlicht nicht
der Öffentlichkeit vermittelbar. Er sei daher zuversichtlich, dass
alleine die öffentliche Debatte ihre Wirkung nicht verfehlen
werde.
In dieser Hinsicht gab sich Prof. Selenz weit weniger optimistisch: Man
müsse über Regeln nachdenken, weil der Anstand bei Vorständen und
Aufsichtsräten beim eigenen Geldbeutel zumeist aufhöre. Besonders
interessant sei der Ansatz von J.P. Morgan, der vor hundert Jahren
gesagt habe, ein mehr als zwanzigfacher Unterschied zwischen dem Gehalt
eines Arbeiters und des Vorstands sei vom Übel.
Auch die Bank des vor einem halben Jahrhundert verstorbenen J.P
Morgan praktiziert diese Grundsätze ihres Gründervaters allerdings
schon lange nicht mehr... und kämpft jetzt wie die anderen
Branchengrößen mit der US Immobilien-Finanzkrise, die letztlich auch
durch schrankenlose Profitgier ausgelöst wurde.
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