Karl Gerhard Eick, der große Obfuskator (Teil IV)

Die Abteilung Investor Relations hat uns auf unsere doppelte Nachfrage beim Telekom- Aufsichtsratsvorsitzenden hin die Email-Information zukommen lassen, die Zinsen bei T-Mobile USA seien in "other expenses, net" enthalten. Eine Unterschrift gab es dafür auch auf Nachfrage nicht - die Email bleibt anonym. Aber dafür ist jetzt klarer, wie Karl Gerhard Eick es macht.

So schreibt Anonymus von Deutsche Telekom AG, Abt. "Investor Relations" am 18. Juni 2008, zu der in "Der große Obfuskator - Teil III besprochenen T-Mobile USA Bilanz:

"In der nämlichen Gewinn- und Verlustrechnung wird in der Zeile 'other expenses net' ein negatives Ergebnis von 346 Mio. US$ ausgewiesen. Dieses Ergebnis enthält 405 Mio. US$ an Zinsaufwand."

Aber mit was für "expenses" wurden sie dann positiv verrechnet? Denn Expenses sind doch Ausgaben? Auch wären dann 7,8 Milliarden US$ mit nur 5 Prozent verzinst worden. Ferner fehlt natürlich in der Gesamtbetrachtung das ursprünglich in die USA eingezahlte milliardenschwere Eigenkapital, für das ja nie Dividende nach Deutschland gezahlt wurde.

Merkwürdig bleibt weiter, dass sich keine Person namentlich darauf festlegen lassen möchte, denn die Email war und blieb auch auf Nachfrage ohne Unterschrift, ohne Namen. Wovor hat der Mitarbeiter Angst? Diese Unternehmenskultur spricht Bände - eine Anfrage an den Aufsichtsratsvorsitzenden zu einem hochbrisanten Thema lassen die hohen Herren von einem einfachen Sachbearbeiter oder wem auch immer in der Abteilung Investor Relations beantworten, der sich noch nicht einmal getraut, seinen eigenen Namen zu nennen. Man selbst, der Vorstand, bleibt dann fein raus - der Mitarbeiter hat Schuld an allem. Wer sonst?

An der Gesamteinschätzung, dass T-Mobile USA ein miserables Investment war und nachgewiesenermaßen weit schlechter abschneidet als Omas Sparbuch, ändert sich jedenfalls durch diese Antwort rein gar nichts, sie wirft mehr Fragen auf, als sie beantwortet hat.

Wie Karl Gerhard Eick es macht

Allerdings ist inzwischen klarer geworden, wie Telekom-Finanzchef Karl Gerhard Eick es macht, dass eine nebulöse Bilanzpolitik seit Jahren trotz tönernen Füßen scheinbar unbeanstandet geblieben ist - scheinbar wegen des immer noch laufenden Kleinaktionärsprozesses vor dem OLG Frankfurt, mit der Gerichtsbarkeit als offenbar einzig verbliebene unabhängige Instanz, jedenfalls solange sie vom EU Vertrag von Lissabon noch nicht ausgehebelt wurde:

  • Karl Gerhard Eick sitzt nicht nur im Aufsichtsrat der einflußreichen Deutschen Bank AG, sondern auch im Kuratorium der Bertelsmann Stiftung. Hinter dem hervorragenden Ruf des aus Altersgründen nicht mehr zu unternehmerischer Tätigkeit in der Lage befindlichen greisen Stifters Reinhard Mohn verbirgt sich als Kuratoriumsmitglied der besagten Stiftung Karl Gerhard Eick - man darf vermuten, dass er so fast die gesamte Wirtschaftspresse beeinflussen kann, denn der Einfluß der der Stiftung gehörenden Bertelsmann AG reicht via Gruner & Jahr AG (74,9%) in der Tat über fast die gesamte Wirtschaftspresse bis hin zu einer Sperrminorität beim SPIEGEL. Aber man kann ja die Journalisten auch elektronisch überwachen und bespitzeln.
    Besonders verwerflich: Der von der Stiftung beherrschte Konzern ist heute nicht mehr nur im Bereich Medien, sondern gleichzeitig in den Bereichen Politikberatung und als Arvato u.a. in der Privatisierung von staatlichen Dienstleistungen tätig. So kann die öffentliche Kontrolle ausgeschaltet werden.
  • Auch mit dem Bundesfinanzministerium marschiert Karl Gerhard Eick im Gleichschritt: Als Bilanz-"TÜV" wurde vor geraumer Zeit sicher wieder mit gesetzlicher Hilfe (§ 342b ff. HGB neu - bestimmt aufgrund einer EU-Richtlinie!) unserer Lieblingsbeamten im Bundesministerium der Finanzen, denen er dient, die Deutsche Prüfstelle für Rechnungslegung e.V. (DPR/FREP) errichtet. Sie ist damit zuständig für die Ex-Post-, also nachträgliche Kontrolle von Abschlüssen börsennotierter Unternehmen, wie etwa der Deutschen Telekom AG. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, die BAFIN, prüft offenbar nicht selbst, sondern beauftragt diese Institution. Auch in dieser Institution sitzt Karl-Gerhard-Eick und etliche weitere Vorstandsmitglieder börsennotierter DAX-Großkonzerne im Vorstand. Diese Form der Vernetzung, in der Öffentlichkeit bisher weitgehend unbemerkt, ist schlicht skandalös: So kann auch hier jegliche unabhängige Kontrolle ausgeschaltet werden.
  • Dasselbe Bundesfinanzministerium hatte ja schon 2003 weitere Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Bonn verhindert, indem sie einen Bericht des Bundesrechnungshofes über Börsengang und Aufsicht des Bundes über die Deutschen Telekom AG kurzerhand als "zum Wohle der Republik" für geheim erklärt hat. "Zum Wohle der Republik" erinnert fatal an das DDR-übliche "zum Wohle des Volkes" - das in Wahrheit zum Wohle der Funktionäre war. Damals hießen die Hauptakteure im Finanzministerium Staatssekretär Overhaus und Ministerialdirektor Rolle, heute sind es ihre Amtsnachfolger Dr. Thomas Mirow und Ministerialdirektor (und Ex-IKB-Aufsichtsrat) Jörg Asmussen.

Es braucht also nicht mehr zu verwundern, wenn bestimmte Themen jahrelang brauchen, ehe sie ans Tageslicht kommen. Aber irgendwann ist es soweit - und der Schaden dann maximiert.



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