Lissabon-Vertrag ausführlichst vor dem Bundesverfassungsgericht
Zunächst werden Antragssteller und Beschwerdeführer sowie Bundesregierung und Bundestag als Antragsgegner Gelegenheit zu kurzen einführenden Stellungnahmen haben. Bekanntgeworden sind insbesondere die Klagen von Staatsminister a.D. MdB Dr. Peter Gauweiler , die der Fraktion der LINKEN , sowie die jüngst eingegangene Klage von MdB i.R. Graf von Stauffenberg und den Professoren Spethmann, Starbatty und Kerber .
Nach der Einleitung geht es dem Gericht zunächst einmal darum, die Schwerpunkte der Neuregelung durch den Vertrag von Lissabon sowie die Änderungen im Organsystem der EU und deren Rechtssetzungsverfahren zu erörtern. Weiter geht es um die Fragen, wie mitgliedstaatliche Parlamente an Entscheidungsverfahren der EU teilhaben, und welche weiteren wesentlichen Änderungen sich ergeben.
Nach der offenbar nur kurz zu erörternden Prüfung der Zulässigkeit der Klagen, die sowohl als Organstreitverfahren (Dr. Gauweiler als Bundestagsabgeordneter und die Fraktion der LINKEN bzw. ihre klagenden Abgeordneten) als auch als Verfassungsbeschwerden von Jedermann vorgebracht werden, geht es dann ans Eingemachte. Denn würde das Gericht die Klagen schon als unzulässig ansehen, hätte man sich kaum die Mühe gemacht, eine umfangreiche Tagesordnung für die mündliche Erörterung bekannt zu geben.
Mit dem Hinweis auf den Prüfungsmaßstab der demokratischen Teilhabe, dem Schutz der verfassungsgebenden Gewalt und der souveränen Staatlichkeit Deutschlands als Integrationsgrenze zeigt das Gericht die Meßlatte auf, der die einzelnen Bestimmungen des Vertrages von Lissabon genügen müssen: Gibt es eine qualitativ und quantitativ zu große Kompetenzverlagerung zu Lasten des Deutschen Bundestages? Hält die Demokratisierung der Europäischen Union schritt mit dem Ausbau ihrer Kompetenzen? Wer darf das sogenannten "Primärrecht" setzen? Wie wirkt sich all dies in den einzelnen Politikbereichen aus (die ja wiederum Zuständigkeiten auch der Länder im förderalen System der Bundesrepublik Deutschland begründen), z.B. in der europäischen Zusammenarbeit der Justiz in Strafsachen, der Verteidigungspolitik oder welche Wirkungen hat der Vertrag auf das Sozialstaatsprinzip?
Die Gerichtsverhandlung in Karlsruhe verspricht außerordentlich spannend zu werden.
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