Vorratsdatenspeicherung in Kraft

Zum Neuen Jahr trat die lückenlose Überwachung aller Internet- und Telefonnutzer in Kraft, die von CDU und SPD durch den Bundestag gebracht wurde. Inzwischen gibt es dazu auch äußerst kritische Stellungnahmen von Bundesgerichtshof und Bundesverwaltungsgericht.

[Presseinformation des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung]

Eine am 29.12.2008 vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlichte Stellungnahme des Bundesverwaltungsgerichts [1] kritisiert die von CDU/CSU und SPD Ende 2007 beschlossene verdachtslose Protokollierung der Telefon-, Handy- und Internetnutzung scharf. Das Bundesverwaltungsgericht bezeichnet die Vorratsspeicherung als "eine flächendeckende Dauermaßnahme, die weder an eine Einschreitschwelle noch an eine Tatsachenbasis gebunden ist." Die "weitreichenden" Vorratsdaten ließen "erhebliche Rückschlüsse auf die Persönlichkeit und persönliche Verhältnisse des Nutzers, sein soziales Umfeld und sein Bewegungsverhalten sowie in gewissem Umfang auch die Art der jeweiligen Kommunikationsinhalte zu." Die Maßnahme weise eine "immense Breitenwirkung" auf und verzichte auf die "hinreichende Wahrscheinlichkeit" einer von den Betroffenen ausgehenden Rechtsverletzung. "Sie nähert sich damit einer grundrechtseingreifenden Ermittlung 'ins Blaue hinein' an", so die Stellungnahme des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts. Insgesamt äußert das Gericht "Zweifel, ob der in der Vorratsdatenspeicherung liegende Grundrechtseingriff in Art. 10 Abs. 2 Satz 1 GG gerechtfertigt ist."

Der Präsident des für Strafrecht zuständigen Bundesgerichtshofs (BGH) Prof. Dr. Klaus Tolksdorf schreibt in einer weiteren Stellungnahme [2] an das Bundesverfassungsgericht: "Der Wertung, dass ohne die Möglichkeit der Speicherung und Erhebung der genannten Daten die Nutzung des Internets zu einem 'rechtsfreien Raum' würde, könnte ich mich nicht anschließen. Einzelne Bereiche sozialen Verhaltens sind nicht deshalb rechtsfreie Räume, weil von ihrer präventiven Überwachung abgesehen wird." Dem BGH-Präsidenten lägen "keine Erkenntnisse" vor, dass die von der Bundesregierung erhoffte Verbesserung der Strafverfolgung eingetreten sei. Weil der Nutzer eines Anschlusses nicht feststellbar sei, würden die Daten vielmehr "leicht in die Irre führen".

Um gegen die am 01.01.2009 zwingend in Kraft tretende verdachtslose Protokollierung auch sämtlicher Internetzugänge, Internettelefonie und E-Mail-Konten zu protestieren, hat der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung alle Anbieter von Internetpräsenzen aufgerufen, ihre Webseiten zum Jahreswechsel in schwarz zu verhüllen und mit einer Protestanzeige zu versehen. In der Anzeige heißt es: "Zum Auftakt des Wahljahres 2009 lassen SPD und CDU/CSU alle unsere Internetzugänge, Internettelefonie und E-Mail-Nutzung verdachtslos protokollieren. Wir Internetnutzer protestieren - Stoppt die Vorratsdatenspeicherung!" Eine Anleitung für Teilnehmer an dem Internetprotest findet sich auf der Homepage www.vorratsdatenspeicherung.de.

Auch außerhalb des Internet wird protestiert: Am 29.12.2008 um 15 Uhr fand eine Demonstration auf dem Berliner Alexanderplatz statt. [3] Außerdem hat der Ortsgruppen-Verband Nord des AK Vorrat zu einer Kundgebung am 31.12.2008 in Hamburg aufgerufen. Man traf sich ab 14:00 Uhr am Kaufhaus SATURN in der Mönckebergstraße. [4] "Die Regierung darf unsere Grundrechte nicht länger umschiffen und aushebeln, um die lückenlose Überwachung der Menschen in Deutschland zu ermöglichen", mahnt Uwe Schulze vom Arbeitskreis. "Ein Grund mehr für alle Nutzerinnen und Nutzer, ihren E-Mail-Verkehr durch Verschlüsselung zu schützen und sorgsamer mit ihren persönlichen Daten umzugehen".

Alle Dokumente zur Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung: http://verfassungsbeschwerde.vorratsdatenspeicherung.de

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