Obermann gießt Öl ins Feuer [update]

Bonn, 12. April 2008. In der gestrigen Druckausgabe des Generalanzeigers Bonn äußert sich René Obermann, Chef der Deutschen Telekom AG, optimistisch für den Standort Bonn. Der Stellenabbau werde zwar auch die Zentrale berühren, vorrangig gehe es aber um einen Rückzug aus der Fläche.

Mit solchen offensichtlich unbedarften Äußerungen heizt er den Konflikt zwischen Zentrale und Fläche innerhalb der Deutschen Telekom AG weiter massiv an. Denn schon seit den Zeiten der Deutschen Bundespost war die Empfindung in der Fläche, das Postministerium, dann die Generaldirektion und jetzt die heutige Zentrale übe in erster Linie Macht aus, trage aber wenig zur Wertschöpfung bei. Es ist daher mit einer massiven Eskalation zu rechnen.

Aus Kundensicht bedeutet dies zugleich einen weiteren Rückzug der Telekom vom Kunden, wie das Beispiel des Bürgervereins Forstwald stellvertretend für viele zeigt.

Local Hero statt Global Player

Noch viel unbedarfter ist Obermann allerdings im Hinblick auf globale Entwicklungen des Internets: Es sei "bedauerlich", dass das Internet durch US-Konzerne wie Yahoo, Google, Microsoft und andere dominiert werde. Jetzt stehe man vor einem asiatischen Zeitalter...

Anscheinend hat er überhaupt nicht begriffen, dass er daran ganz erhebliche Mitverantwortung trägt: Der Voicestream Deal, bei dem 34 Milliarden Euro für die künftige T-Mobile USA zu Lasten der T-Aktionäre ausgegeben wurden - damals ein kleines Startup-Unternehmen - hat zusammen mit der UMTS-Auktion (15 Milliarden Euro) allein der Deutschen Telekom zusammen fast 50 Milliarden Euro an eigenen Möglichkeiten entzogen. Mit diesem Geld hätten ganz viele Googles und noch viel mehr auch in Europa entstehen können. Und T-Systems lagert unter seinem Vorsitz der Telekom aktuell seine Entwicklung zu Cognizant nach Indien aus, statt neue Produkte im technologischen Zusammenwachsen von Mobilfunk, Festnetz und Internet vor Ort zu kreieren.

Versagen der Politik - als Aufsicht wie als Regulierer

Hauptschuldiger freilich ist der Großaktionär Bund, der als aktienrechtlich faktisch beherrschender Konzern die Auswahl des Top-Managements massgeblich verantwortet. Ausserdem hat der Bund durch die UMTS-Auktion der hiesigen Telekommunikations- und Internetbranche noch weitere 35 Milliarden Euro (neben den 15 Milliarden von der Telekom) entzogen. Der Gesamtschaden zweckentfremdeter Gelder aus dieser nicht erschöpfenden Auflistung beläuft sich auf also auf atemberaubende 84 Milliarden Euro, die z.B. für die europäischen Googles und Yahoos dieser Welt fehlen. Im übrigen pumpt die Deutsche Telekom AG auch heute noch Milliardenbeträge in die USA, ohne dass etwas über echte Gewinne bekannt geworden wäre. Im Geschäftsbericht finden sich nur Umsätze, oder "Gewinne vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen" (EBITDA), von denen kein Leser weiß, was das für die echten Gewinne bedeutet.



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