Auf Messers Schneide

Mit der Ablehnung der beiden Verfassungsbeschwerden gegen die mühsam korrigierte, bereits einmal als verfassungswidrig festgestellte Begleitgesetzgebung zum EU Vertrag von Lissabon bewegt sich das Bundesverfassungsgericht wie schon mit seiner bedingten Zustimmung zum Vertrag selbst weiterhin auf Messers Schneide. Rechts und links droht der Absturz in neue (alte) Formen der Diktatur.

Sicher, das Gericht ist damit überfordert, den riesigen Strom politischen Mülls der Republik permanent zu entsorgen, der in den letzten zwanzig Jahren immer mehr zugenommen hat und mit geballter Macht am Karlsruher Schloßpark abgeladen wird. Diese Herkulesaufgabe kann es nicht alleine bewältigen. Die Bürger selbst müssen aktiv werden.

Es versucht deshalb abzuwägen zwischen dem, was dringendst zum Erhalt der Demokratie gesagt und getan werden muss, und dem, was es unter den Aspekten der Staatsraison meint durchgehen lassen zu müssen. Schliesslich ist es auch legitimatorisch nicht unproblematisch, wenn wenige Richter eine so klare, übergroße Mehrheitsentscheidung formal legitimierter Verfassungsorgane zu Fall bringen. Nur so scheint erklärbar, dass berechtigt warnende Stimmen, wie sie in den beiden abgewiesenen Verfassungsbeschwerden klar und legitim zum Ausdruck kamen, scheinbar kein Gehör gefunden haben. Andererseits, kann es richtig sein, so prominente Warnungen wie etwa ausgerechnet die des Franz Ludwig Graf Stauffenberg, Sohn des von den Nazis hingerichteten Widerstandskämpfers und europapolitischen Veterans, in den Wind zu schiessen?

Dass diese übergroße Mehrheit im Parlament längst ihren Rückhalt im Volk verloren hat, das sich aber wegen der Unterwanderung der herkömmlichen Parteien und eines Großteils der Medien durch fremde Interessen schwer tut, durch Wahl für eine bessere Zusammensetzung des Bundestages zu sorgen, weil die notwendige Alternative im Grunde nicht auf dem Stimmzettel zu finden ist, ist ein Problem, mit dem das Gericht nur schwer umgehen kann. Denn sonst würde es selbst nach dem Ring der Macht greifen, was ihm verwehrt ist.

So bleibt dem Bürger kurzfristig nur, am Sonntag auf jeden Fall wählen zu gehen, und sein Kreuz auf dem Wahlzettel bei denen zu machen, die nicht zu den Verursachern dieses politischen Mülls gehören. CDU, SPD, FDP und GRÜNE sind derzeit nicht wählbar, jedenfalls nicht mit der Zweitstimme. Einzelne Direktkandidaten, die einen guten Job gemacht haben, schon.

Vielleicht kann eine verlorene Bundestagswahl eine Reinigung bewirken und auch bei diesen Parteien dazu führen, dass sie wieder an einstmals große Traditionen anknüpfen können. Alternativ bleibt den Bürgern nur der mühsame Aufbau neuer parteipolitischer Strukturen bis zum nächsten Mal. Bis dahin können Sie wenigstens eins tun: Am Sonntag wählen gehen! Sonst bleibt alles beim Alten und Republik und Demokratie siechen weiter dahin - bis sie dann endgültig absterben. Das dürfen wir nicht zulassen!

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