Déjà vu

Günter Wallraff berichtet in der gedruckten ZEIT sowie in der Frankfurter Rundschau (FR) ausführlich über seine Recherchen zum "Diktator Mehdorn". Jedoch ist die Bahn AG nicht allein.

Wenn Wallraff im Interview mit der FR sagt

Mehdorn war der Diktator. Ein kleiner Alleinherrscher, der keinen Widerspruch duldete. Mehdorn sollte der Exekutor des Börsengangs sein und in diesem Zusammenhang ist er auch verantwortlich für die Überwachung.

dann hat er zugleich auch, bewußt oder unbewußt, einen Hinweis auf die tieferen Ursachen gegeben. Denn die Deutsche Bahn AG wird aktienrechtlich beherrscht von der Bundesrepublik Deutschland. Faktisch und rechtlich nimmt diese Beherrschungsfunktion das Bundesministerium der Finanzen war, maßgeblich dort verantwortlich ist Minister Peer Steinbrück mit seinem Staatssekretär Asmussen.

Déjà vu: Auch die Deutsche Telekom AG hat ihren Bespitzelungsskandal. Sie verklagt jetzt den früheren Vorstandschef, Kai-Uwe Ricke, und den früheren Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel, deshalb auf Schadenersatz wegen unerlaubter Handlungen. Soweit, so gut - so kann man von seiner eigenen Verantwortung ablenken. Denn der eigentliche "Mehdorn" der Deutschen Telekom AG, Ron Sommer, dessen Ziehkinder Kai-Uwe Ricke und René Obermann sind, bleibt bisher aussen vor. 40 Milliarden Euro sind unter Ron Sommer in die USA geflossen, eine "Investition", die sich bis heute nicht gerechnet hat, was weiterhin vertuscht wird. Unklar ist bis heute, weshalb ein so hoher Betrag für ein US Mobilfunkstartup-Konglomerat gezahlt worden ist. Auch die Deutsche Telekom AG wird aktienrechtlich jedenfalls faktisch beherrscht von der Bundesrepublik Deutschland. Faktisch und rechtlich nimmt diese Beherrschungsfunktion das Bundesministerium der Finanzen war, dort verantwortlich ist Minister Peer Steinbrück (vorher Hans Eichel) mit seinem Staatssekretär Asmussen, und letzlich auch die jeweilige Bundesregierung als Ganzes.

Schließlich, auch die Deutsche Post AG wird aktienrechtlich jedenfalls faktisch beherrscht von der Bundesrepublik Deutschland, wiederum verantwortlich sind Minister Steinbrück und Staatssekretär Asmussen. Mindestens unternehmenskulturell ist also gleichermassen auch die Deutsche Post AG vom Bespitzelungsskandal betroffen, wenn sich die Vorwürfe gegen Klaus Zumwinkel als wahr erweisen, denn er war dort der absolute Herrscher.

Es ist völlig klar: Die Lebenserfahrung in Großkonzernen lehrt, dass Vorstands- oder Aufsichtsratsvorsitzende nichts gegen den Willen des beherrschenden Großaktionärs unternehmen oder gar in solch sensiblen Fragen ohne Konsultation desselben vorgehen - sonst sind sie und ihr Gehalt ganz schnell weg. Bei Post, Bahn und Telekom war und ist dies das Bundesfinanzministerium.

Und die Lebenserfahrung sagt außerdem: Wer andere in dieser Art und Weise paranoid bespitzeln läßt, hat selbst ganz viel zu verbergen.

Aber damit nicht genug: Mit dem Finanzmarktstabilisierungsgesetz (FMStG) und dem Finanzmarkstabilisierungsergänzungsgesetz (FMStErgG) hat sich dieselbe Truppe über den "Bankenrettungsfond" SOFFIN den Macht-Zugriff auf weite Bereiche der Finanzwirtschaft gesichert, erkauft durch dreistellige Milliarden Euro an Steuergeldern, statt marode Banken (geordnet) Pleite gehen zu lassen.

Derselbe Staatssekretär, Jörg Asmussen, erstattet Strafanzeige, weil irgend ein Insider einen Bericht der Finanzaufsicht BAFIN - ebenfalls in seinem Machtbereich - veröffentlicht hat, in dem die Risiken deutscher Großbanken auf etwas weniger als eine Billion Euro beziffert werden - und damit durch mindestens völlig intransparente potenzielle "Rettungsaktion" auch Risiken in gleicher Höhe für den deutschen Steuerzahler entstehen können, der das alles nicht wissen soll.

Gleichzeitig ist bisher nichts bekannt geworden, dass aufgrund der gegen eben jenen Staatssekretär Asmussen laufenden Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Düsseldorf endlich Anklage erhoben würde. Etwa wegen Untreue bei der IKB-Bank, in deren Aufsichtsrat er saß und die er und sein Chef Steinbrück mit zehn Milliarden Steuergelder "gerettet" haben, bevor sie für kleines Geld an die amerikanische Firma Lonestar weitergereicht wurde.

Armes Deutschland, Du wirst geplündert und bist völlig aus dem Gleichgewicht geraten.


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