Die Plünderung der öffentlichen Infrastruktur
Gruselige Autobahntalbrücken z.B. auf der A45, auf denen LkWs "wegen Brückenschäden" nur 60 km/h fahren düfen, ebenfalls eine andere Folge verfehlter Wirtschafts- und Finanzpolitik, seien auch noch am Rande vermerkt.
Der Teufel wurde mit dem Beelzebub ausgetrieben
Bei Beginn der Privatisierungsarie in Deutschland gab es eine große Mehrheit im Bundestag, und auch Zustimmung in der Bevölkerung dafür, die unerträglich scheinenenden Ineffizienzen der teuren großen öffentlicher Verwaltungen der Deutschen Bundespost und der Deutschen Bundesbahn durch, wie man glaubte, effiziente private Unternehmen abzulösen. Heute stehen wir an einem Punkt, an dem die Zustimmung in der Bevölkerung für eine Fortführung von Privatisierungsprozessen zu Recht gegen Null geht. Die Politik hat bei der Gestaltung der Privatisierung weitgehend versagt; ganz Unbelehrbare wie Peer Steinbrück und sein Finanzministerium, das inzwischen sogar in angesehen staatsrechtlichen Fachzeitschriften als "Staat im Staate", agierend jenseits der Rechtsstaatlichkeit, bezeichnet wird, wollen den Prozess bei der Bahn sogar um nahezu jeden Preis fortsetzen. Zu allem Überfluß auch noch mit Unterstützung durch die völlig falsch beratene Bundeskanzlerin, die dabei wahrscheinlich in ihrer Biographie gefangen ist.
Warum ist die Privatisierung volkswirtschaftlich gescheitert, noch ehe sie abgeschlossen wurde?
- Die angesprochenen Bereiche sind nie vollständig privatisiert worden in dem Sinne, dass Märkte mit einer Vielzahl unabhängiger Anbietern entstanden sind, die aus eigener Kraft in der Lage wären, durch gegenseitige Konkurrenz zum Nutzen des Kunden effizientere Dienstleistungsangebote auf die Beine zu stellen. Bei der Telekom ist dies zwar durch die Regulierungspolitik zum Teil gelungen, der Kernbereich der nationalen Telekommunikationsinfrastruktur ist aber nach wie vor ein Monopol. Im Mobilfunk ist es ein Oligopol.
- Vermutlich lassen sich quasi-natürliche Monopole wie Post, Telekom und Bahn in ihrem Infrastrukturkern nicht erfolgreich privatisieren, wie zahllose Beispiele auch im Ausland belegen, wie z.B. die schon vor Jahrzehnten erfolgte Rückverstaatlichung der Bahnen in USA und jüngst in Neuseeland.
- Überall dort, wo der Gewinn aus dem natürlichen Monopol kommt, also kein echter Wettbewerb herrschen kann, verführt dies die privaten Eigentümer zwangsläufig dazu, Unternehmen und Infrastruktur auszuplündern, um ihre Profite zu erhöhen. Denn ihre Kunden können ja nicht zur Konkurrenz und müssen die immer schlechtere Dienstleistung hinnehmen - genau wie Arbeitnehmer immer schlechtere Arbeitsbedingungen wegen immer weniger Wettbewerb um Arbeitskräfte. Wegen der aus den Kernen dieser natürlichen Monopole erwachsenden enormen wirtschaftlichen und damit auch politischen Macht muss Regulierung in diesen Teilbereichen zwangsläufig versagen. Besonders fatal: Der Verkauf an große internationale Finanzinvestoren, die durch eine international wie national völlig verfehlte Steuer- und Finanzpolitik riesige finanzielle Mittel und damit auch politische Macht angehäuft haben.
- Dies führt zur Ausplünderung der Infrastruktur: Bei der Bahn geht es zu Lasten der Sicherheit der Passagiere, die nicht mehr auf sichere Züge und Gleise vertrauen können. Dort läßt sich auch schön beobachten, wie die Regulierungs- und Aufsichtsbehörden durch die enorme politische Macht des Monopolunternehmens ausgehebelt werden sollen. Desgleichen bei der Telekom: Die bisher sichtbare Spitze des Eisbergs der Spitzelaffaire zeigt bereits massiven politischen Machtmißbrauch an. Auch diese politische Macht erwächst aus dem Infrastrukturmonopol. Die gleichen Strukturen finden wir bei der Post, in der Vergangenheit zum Teil sogar in krasser personeller Verflechtung in Person des Klaus Zumwinkel: Echte Konkurrenz wurde verhindert, gleichzeitig wird die eigene Infrastruktur, der Bestand der eigenen Postämter, einfach ausgeplündert und die Kunden zum Gemüsehändler geschickt.
- Die Politik hat die Schwierigkeiten zum Teil "geahnt" und ist vielleicht auch deshalb zum Teil Eigentümer der privatisierten Bundesunternehmen geblieben. Andere Gründe, wie attraktive Posten, mögen eine größere Rolle gespielt haben. Tatsächlich aber wurden die Probleme damit noch verschärft: Denn durch das rein fiskalische Beteiligungsinteresse des Bundesfinanzministeriums an den Bundesbeteiligungen wurden öffentliche Aufsicht und Kontrolle über die privatisierten Bundesunternehmen entscheidend geschwächt; sie fanden kaum noch statt. Erst durch die heraufziehende Finanzkrise werden diese Themen im Bundestag überhaupt wieder diskutiert. Wegen des eingebauten Konfliktes zwischen öffentlicher Aufsicht bei der Aufgabenerfüllung und Eigentümer-Finanzinteresse des Staates sind Teilprivatisierungen die schlechtesten Lösungen überhaupt!
Wie könnte eine an der öffentlichen Wohlfahrt orientierte zukunftsgerichtete Politik aussehen?
Es ist nicht einfach, sachgerechte Lösungen zu finden. Platte, ausplündernde aktienrechtliche Privatisierung ist ebensowenig wünschenswert wie die alten, verkrusteten Verwaltungsstrukturen, wie sie bei der Deutschen Bundespost zu finden waren. Das freilich ist lange her. Sind die jetzigen Strukturen aber volkswirtschaftlich besser? Das muss in Frage gestellt werden!
- Die sog. Teilprivatisierung bei der Bahn muss unverzüglich abgeblasen werden, denn sie setzt den falschen Kurs fort.
- Die Teilbereiche natürlicher Monopole, wie z.B. das Festnetz der deutschen Telekom mit der letzten Meile zum Kunden, sollten entweder rückverstaatlicht werden oder in unabhängigen gemeinnützigen Strukturen betrieben werden, die dann öffentlicher Kontrolle unterliegen.
- Eine solche gemeinnützige oder staatliche Struktur mit öffentlicher, möglichst bürgernaher Kontrolle der Dienstleistung vor Ort wäre auch eine mögliche Lösung für den Kernbereich der Bahn. Neben staatlich-öffentlichen und/oder gemeinnützigen könnte auch über genossenschaftliche Lösungen einmal nachgedacht werden (z.B. Kunden und Mitarbeiter als Genossen), vielleicht sogar in Kombination mit Gemeinnützigkeit. Genossenschaftsrechtliche statt aktienrechtliche Lösungen hätten auch die multimilliardenschweren, finanziell katastrophalen Auslandsabenteuer von Post und Telekom à la Zumwinkel und Ron Sommer wahrscheinlich verhindern und die Investoren zu echten Volksunternehmern statt unglücklichen Volksaktionären machen können.
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