Google vs. Microsoft: Der Kulturkampf

Der in Aussicht stehende Kampf von Google versus Microsoft um die Online-Werbe-Milliarden durch Microsofts Übernahmeabsicht von Yahoo ist vor allem ein Kampf der Kulturen.

Was die Giganten eint

Auf den ersten Blick könnte man denken, Google Inc. und Microsoft Corp. seien zwei sehr ähnliche Konzerne. Die einen haben die Technologie- und Marktführerschaft im Suchmaschinenmarkt, die anderen bei den Homecomputern, später Desktop-PC-Betriebssystemen und allem, was an Software dazu gehört. Beides sind quasi "Garagengründungen", die mit wenig Geld gestartet und später mit Venture Capital bzw. Börsengang enorm gewachsen sind. Beide haben es geschafft, nahezu Monopol- Stellungen auf ihren Märkten zu erreichen.

Was die Giganten trennt

Jedoch stehen beide Firmen für sehr unterschiedliche Kulturen. Das Geschäftsmodell von Microsoft, durch dessen Software-Lizenzpolitik sich beinahe schon seit der Gründung des Unternehmens vor allem viele Techies auf den Arm genommen fühlten, zielt bis heute auf die autoritäre technische Kontrolle des Computernutzers mit stückchenweise Freigabe von Nutzung jeweils gegen Gebühr. Auch dann, wenn die Software mal nicht so richtig funktionierte, wie sie das eigentlich tun sollte. Mit dieser Software-Lizenzpolitik verärgerte Microsoft ebenso wie andere Unternehmen auch vor allem die technische Intelligenz der besten Programmierer. Als Konsequenz wurde bereits 1985 von Richard M. Stallman die Free Software Foundation als Urknall der Open Source Bewegung gegründet. Die Stiftung ist bis heute die Hüterin der Open Source Lizenzen. Die unter diese Open Source Lizenz gestellte Software, die den Nutzern größtmögliche Freiheit läßt und in der mathematischen Tradition des nicht lizenzierbaren Wissens als Allgemeingut steht, ist heute die schärfste Konkurrenz von Microsoft, dessen Monopolstellung dadurch inzwischen deutlich geschwächt ist. Der heutige Erfolg von Google besteht andererseits darin, dass man sich auf der einen Seite selbst in diese Traditionen des Teilens von Wissen stellt - ein gewisser Widerspruch allerdings zur Anmeldung eigener Suchmaschinenpatente - auch fleissig Open Source benutzt und fördert, und so Inhalte kostenlos verfügbar macht. Andererseits profitiert man damit vom Content Dritter, in dem man sich dies durch Werbeeinahmen bezahlen läßt. Die Contentersteller beteiligt Google mit seinem Adsense Programm an seinem Erfolg, in welchem Maß, ist allerdings nicht übermäßig transparent.

"Win-Win" und "optimaler Kundennutzen" gegen klassisches "möglichst wenig Ware gegen möglichst viel Geld"

Googles Win-Win Strategie entspricht auch der Philosophie des Internet, dem eine zentrale Kontrolle weitgehend fremd ist - ironischerweise durch dessen militärischen Ursprung. Denn es wurde einstmals so entwickelt, dass es auch nach seiner Teilvernichtung durch Atombomben mit wenigen vernetzten "überlebenden" Rechnern auf Umwegen weiterhin einwandfrei funktionieren kann. Mit diesem inhärent anarchischen Element hatte Microsoft mit seiner autoritären Kontrollstrategie immer Probleme, und deshalb hinkt auch Microsofts Internet-Business hinterher. Auch Personen spielen dabei eine wichtige Rolle. Sun-Gründer und Technologie-Pionier Andreas von Bechtolsheim, deutscher Auswanderer und ehemaliger Gewinner des Europäischen Philips Youth Science Contest, einer Art Vorläufer von Jugend Forscht, war nicht zufällig der Business Angel der Google Gründer. Man kann ihn sich nicht wirklich bei Microsoft vorstellen, und im früheren Leben hiessen die Rivalen Sun und Microsoft statt Google und Microsoft. Ob sich bei diesem schwierigem culture clash durch eine Akquisition von Yahoo ein Erfolg für Microsoft einstellen wird, bleibt trotz der vielen Milliarden, die eingesetzt werden sollen, fraglich. Ein Erfolg wird vor allem dann möglich sein, wenn es Google aufgrund seines raschen Wachstums und eventuell zu Kopf gestiegener Macht nicht gelingen sollte, seine Strategien des Teilhabens am Erfolg für viele zu bewahren - um damit selbst weiterhin am meisten zu profitieren.


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