Halbstaatliche Lösungen sind die schlechtesten
Über die Deutsche Telekom AG wurde kürzlich in der "Linkszeitung" berichtet, dass zusätzlich zu den 40 Milliarden Euro, die auf dubiose Weise in Richtung USA versickert sind, weitere Risiken in Höhe von 68 Milliarden € aus Swap-Geschäften faul werden könnten oder schon sind. Wir konnten diese Nachricht bisher nicht verifizieren. Jedoch ist es äußerst plausibel, weil bei manchen Grosskonzernen üblich, dass sich die Deutsche Telekom AG in diesem Umfang an Swap Geschäften beteiligt haben könnte, deren Geschäftspartner üblicherweise Investment- und Geschäftsbanken sind. Bei Swap-Geschäften geht es darum, dass man sich im großen Stil gegenseitig künftige Zahlungsströme verspricht bzw. austauscht. Wenn jedoch einer der Partner zahlungsunfähig wird, kann dies weitreichende Folgen haben. Das ist dann der "default" Fall. Wenn die Meldung also zuträfe, und einer oder mehrere Swap Partner, womöglich Lehmann Brothers, in diesem Umfang ausgefallen sind, wäre die Deutsche Telekom AG damit bilanziell überschuldet. Ist das der Grund, dass sich Finanzchef Karl-Gerhard Eick überraschend aus dem Staub macht und bei einem vergleichsweise unbedeutenden Unternehmen anheuert? Auch bei der Deutschen Telekom AG sitzt jetzt ein gewisser kürzlich zum Finanzstaatssekretär beförderter Jörg Asmussen (SPD) mit umfangreicher IKB-Erfahrung, zusammen mit dem Genossen Investmentbanker Martin Bury (SPD) im Aufsichtsrat. Behält Kurt Tucholsky Recht, wenn er sagt "der Aufsichtsrat ist ein Rat, der rät, was er eigentlich zu beaufsichtigen hat"?
Apropos Asmussen: Der IKB-Skandal, den die FDP-Bundestagsfraktion aufzuklären zu feige war, hat den Steuerzahler schon zweistellige Milliarden Euro gekostet. Der von Asmussen und damit auch von Steinbrück und Eichel ebenfalls massgeblich mitverantwortete Schaden bei den öffentlichen Banken insgesamt, d.h. für den Steuerzahler, geht in die dreistelligen Milliardenbeträge. Die dort so segensreich wirkenden Akteure sind dieselben, die sich jetzt als "Retter bei der Commerzbank" betätigen. Wer stoppt diesen Wahnsinn?
Begreift niemand die katastrophale Wirkung und das verführerische Mißbrauchspotenzial praktisch unkontrollierter wirtschaftlicher und damit auch politischer multimilliardenschwerer Macht, die von einer solchen Politik ausgeht und unsere Demokratie ebenso untergräbt, wie sie echtem Unternehmertum mit neuen, so dringend benötigten zukunftsorientierten Wertschöpfungsideen die Chancen raubt? Sowohl für die politische als auch die wettbwerbliche Komponente gibt es überzeugende Argumente, dass dies der Fall ist. Denn normalerweise unterliegt staatliche Macht bei uns einem fein gesponnenen Gleichgewicht der Kräfte, wie sie das Grundgesetz geschaffen hat. Extrem hohe Summen, die außerhalb der dafür vorgesehenen Verfassungsorgane verwaltet werden, schaffen offenkundig ein sehr hohes Machtmißbrauchspotenzial - sowohl politischer, als auch wirtschaftlicher Art. Wie entartete Managergehälter oder die krassen Schieflagen in der Steuerpolitik eindrucksvoll belegen, geht sogar beides Hand in Hand.
Auch die staatlich geförderte - anstatt staatlich beaufsichtigte! - Fusion von Commerzbank und Dresdner Bank AG ist durch weitere Marktkonzentration ein weiterer potenzieller Sargnagel für unsere Demokratie und unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung. Dass der Rettungsfond nach dem sogenannten Finanzmarkstabilisierungsgesetz extra nur eine eingeschränkten Kontrolle des Bundesrechnungshofes vorsieht, ist ja wohl kein Zufall.
Genausowenig, wie die formale Beschränkung auf Minderheitsbeteiligungen: So kann der eigene Einfluß ausgeübt werden, faktisch ohne Rechenschaft, und praktisch ohne Aufsicht von Parlament und Bundesrechnungshof. Déjà vue bei der Deutschen Telekom AG und der IKB. Aber auch Deutsche Post AG und vormals mit großen Verlusten privatisierte Bundesdruckerei, um nur einige weitere zu nennen. Und vielleicht sind ja auch die Bundestagsabgeordneten mehrheitlich gerade mal wieder dabei, irgendwelche EU-Verträge abzunicken, ohne sie vorher zu lesen / lesen zu können, und deshalb eh' zu beschäftigt...
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