Hans Eichel und der Fluch der schlechten Tat

Schon nach den vorausgegangenen britischen UMTS-Auktionen, spätestens aber im Frühsommer des Jahres 2000 hatte die allgemeine Gier der New Economy auch den damaligen Bundesfinanzminister Hans Eichel erfaßt. Gemeinsam mit seinen Staatssekretären beschloss er, mit der UMTS-Auktion um jeden Preis seinen maroden Staatshaushalt zu "sanieren". Aber noch nicht einmal das gelang, weil er gleichzeitig die Steuereinnahmen aus der gesamten, von ihm damit ruinierten inländischen Telekommunikationsbranche und den Aktienkurs der Deutschen Telekom AG nachhaltig auf Jahre hinaus vermurkste (deren Aktien wollte er ja eigentlich auch verkaufen). Sieben Jahre später hat sich ein rechtsuchender Aktionärsvertreter bis zum Bundesgerichtshof durchgeklagt - schon die Zeitdauer des Verfahrens hat mit Rechtsstaat nichts mehr zu tun. Noch weniger mit Rechtsstaat hat zu tun, dass die Schädiger die handelnden Organe der Bundesrepublik Deutschland waren. Denn die Bundesregierung beherrschte nicht nur die Deutsche Telekom AG im aktienrechtlichen Sinne, sondern segnete gleichzeitig ihre Teilnahme an der UMTS-Auktion im Aufsichtsrat ab, um die Auktionserlöse aus der Versteigerung elektromagnetischen Spektrums für den Mobilfunk zu kassieren - im Grunde also wahnwitzige 15 Milliarden Euro für eine Gewerbeerlaubnis, weitere 35 Milliarden Euro wurden von den anderen Auktionsteilnehmern abkassiert.

Wenn es noch mit rechten Dingen zugeht, wird Rechtsanwalt Dr. iur. Wolfgang Philipp das Verfahren vor dem Bundesgerichtshof gewinnen. Denn die einschlägigen Paragraphen im Aktiengesetz über die Beherrschung von Aktiengesellschaften und die Pflicht zum Ausgleich dadurch verursachten Schadens sind völlig eindeutig. Sie dienen dem Schutz der kleinen Aktionäre vor den großen, und das ist richtig so. Sprich: Wer als Beherrscher einer Aktiengesellschaft Schaden für die Gesellschaft anordnet, weil es ihm als Großaktionär nützt, ist zum Ausgleich des entstandenen Schadens an die übrigen Aktionäre verpflichtet. Eine Aktienmehrheit reicht für die Annahme der Beherrschung schon aus. Dass die Vorinstanzen sich nicht getraut haben, ihm Recht zu geben, liegt allein in der Schwere der potenziellen finanziellen Auswirkungen für die Bundesrepublik Deutschland begründet. Dafür wurde aber die Revision zum Bundesgerichtshof ausdrücklich zugelassen.

Denn einerseits ist es zwar erfreulich, dass das Missmanagement des Lehrers auf dem für ihn übergroßen Sessel des Bundesministers der Finanzen vielleicht doch noch gesühnt und eine Idee von Rechtsstaatlichkeit wiederhergestellt werden könnte. Andererseits werden sich eine Vielzahl schwerwiegender Fragen aus der miserablen Hinterlassenschaft besagten Volksschullehrers und seines Chefs, dem heutigen russischen Gasverkäufer, Exkanzler Gerhard Schröder, stellen:

  • Wenn Wolfgang Philipp für die von ihm vertretenen Aktien gewinnt, was passiert mit den übrigen Ansprüchen der Kleinaktionäre? Kann es der Rechtsstaat sich erlauben, die anderen Aktionäre - denn wie in der Telekom-Ballade beschrieben, ist die UMTS-Auktion ja nur eine von mehreren haarsträubenden Finanzmanipulationen - in Sachen UMTS-Auktionsschaden leer ausgehen zu lassen, indem die Verjährung behauptet wird? Immerhin ist fraglich, ob die Schädigungshandlung wirklich als abgeschlossen betrachtet werden kann, denn wie man am Aktienkurs der Deutschen Telekom AG und deren Bilanz ablesen kann, dauert die Schädigungshandlung an. Damit kann die Verjährung eigentlich nicht eingetreten sein.
  • Wird nicht die ganze UMTS-Auktion damit null und nichtig? Werden nicht insgesamt 50 Milliarden Euro zurückzuerstatten sein? Wird davon wenigstens ein Teil von Mehrpensionskläger Hans Eichels Pensionsansprüchen genommen, wenigstens als symbolische Geste? Und von den Pensionsansprüchen seiner Staatssekretäre, von Gerhard Schröder, von Ron Sommer und seinen alles abnickenden Vorstandskollegen einschließlich Kai-Uwe Ricke und Rene Obermann?
Aber auch wenn die Gelder tatsächlich zurückfließen sollten - ein unermeßlicher Schaden ist durch die Zerstörung des Rechts ebenso wie durch die Zerstörung der deutschen Telekommunikationsbranche in jedem Fall angerichtet, der weiter nachwirkt. Und auch die Zeche der zurückfliessenden Gelder wird der Steuerzahler aufbringen. Die einstmals kräftig sprudelnden Quellen der Steuern der Telekommunikationsindustrie stehen dafür freilich nicht mehr zur Verfügung - sie wurden nicht zuletzt durch den Entzug der 50 Milliarden Euro schon alsbald nach der Auktion in den Ruin getrieben. Siemens, Alcatel SEL und BenQ lassen aufs Neue grüßen.

Vergleichbare Entscheidung des BGH vom 7. 5. 1997 - II ZB 3/ 96 - Land Niedersachsen als Großaktionär beherrschte VW

"Die wirkliche Korruption sieht ganz anders aus."

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