Lausch- und MogelCom

Auch, wenn wir derzeit vor allem in die Abgründe der Bankenbranche schauen, so gibt es auch andere Branchen, die nicht gerade von Sauberkeit glänzen: Die Telekommunikationsindustrie. [von Norbert Lohrke]

Auch, wenn wir uns naturgemäß derzeit schwerpunktmäßig mit der Bankenbranche befassen und dort in Abgründe schauen, so sollte man nicht vergessen, dass im Schatten dieser Krise manche Meldung untergeht, die unter Anlagegesichtspunkten doch beachtlich ist. Und es Branchen gibt, die auch nicht gerade vor Sauberkeit glänzen. Die Rede ist von der Telekommunikationsindustrie. Und hier im Speziellen von der Deutschen Telekom AG und dem damaligen Gegenspieler MobilCom AG bzw. der heutigen freenet AG.


So war gestern in der ARD Sendung Report Mainz die Abhöraffäre bei der Deutsche Telekom AG noch einmal Gegenstand der Sendung. Thema: „Aufklärer oder Vertuscher: Welche Rolle spielte Réne Obermann im Telekom-Skandal“. Die Frage war also, wann der Konzernchef Obermann zum ersten Mal von der Abhöraktion erfahren hat und warum die Staatsanwalt erst relativ spät eingeschaltet wurde. In der Sendung konnte anhand interner streng vertraulicher Unterlagen, die Report zugespielt wurden, nachgewiesen werden, dass Obermann schon fast ein halbes Jahr früher von der ersten Abhöraktion informiert worden war.


Dass der Telekomchef gegenüber Report Mainz zu keinem Interview bereit war, versteht sich von selbst. Die Frage ist nur, ob wir damit ruhig schlafen können, dass jemand wie Herr Obermann Konzernchef ist, der sich in einer Spitzelaffäre nicht gerade durch Aufklärungseifer, sondern durch Vertuschungsversuche hervor getan hat. Mal sehen, wie lange sich die Bundesrepublik Deutschland als Groß- und Hauptaktionär solche Vorstände an der Konzernspitze noch leisten mag. Und welcher Skandal dort als Nächstes ans Tageslicht kommt?


Gestern wurde übrigens auch ein ehemaliger Gegenspieler der Telekom, der MobilCom Gründer Gerhard Schmid, vor dem Landgericht Kiel zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und neun Monate verurteilt. Wobei die Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Gericht sah den ehemaligen Stern am Himmel der New Economy und Ex-Milliardär Gerhard Schmid des Bankrotts in drei Fällen schuldig. Schmid war angeklagt, in drei Fällen eigene Anteile an der MobilCom an eine Gesellschaft in Liechtenstein verkauft zu haben. Dies alles vor dem Hintergrund, dass er einen mit MobilCom Aktien gesicherten 100 Mio. Euro Kredit von der SachsenLB für ein Bauprojekt an der Kieler Hörn bekommen hat und dieser angesichts des damaligen rapiden Aktienkursverfalls der MobilCom gekündigt wurde. Schmid versuchte wohl damals noch sein Scherflein ins Trockene zu bringen. Dass die SachsenLB schon damals keine besonders gute Figur machte, sei nur am Rande erwähnt.


Und als ob das nicht schon genügt, ist da noch der soeben zurückgetretene Freenet Vorstandschef und Schmid-Ziehsohn Eckard Spoerr. Der muss sich derzeit gemeinsam mit seinem Finanzvorstand und alten Spezl aus Studienzeiten Axel Krieger wegen des Vorwurfs des Insiderhandels vor dem Hamburger Landgericht verantworten. Bis zu fünf Jahre Haft oder eine hohe Geldstrafe könnte ihm das Gericht aufbrummen. Vorgeworfen wird den beiden, dass sie im Juli 2004 Freenet Aktien verkauft haben, weil sie bereits wussten, dass der Umsatz im Internetgeschäft geschrumpft ist und dies Anfang August in einer Ad hoc Mitteilung auch mitteilten. So haben beide wohl noch kurz vorher unter Ausnutzung interner Informationen Kasse gemacht, so der Vorwurf. 1,17 Mio. Euro flossen beiden durch den Verkauf der Aktien in deren große Taschen. Natürlich beruhte der Verkauf der Anteile nach den persönlichen Erklärungen der beiden Angeklagten bereits auf einer schon im Herbst 2003 gemeinsam getroffenen Entscheidung, die Aktien zum frühestmöglichen Zeitpunkt zu verkaufen. Ob sie da wohl in weiser Voraussicht schon damals gemeinsam ein Protokoll aufgesetzt haben?


Dass aber ausgerechnet am 14. Juli 2004 die freenet AG noch eine Pressemitteilung veröffentlichte, in der eine Kapitalerhöhung zum Kauf der damals zum Verkauf stehenden Vodafone Tochter Arcor ausgeschlossen wurde bzw. der Deal dementiert wurde und den Kurs kurzzeitig nach oben trieb, ist wahrscheinlich reiner Zufall gewesen [Ad-Hoc Mitteilung vom 14.07.2004: Die freenet.de AG hat nicht die Absicht, eine Kapitalerhöhung am Markt zu platzieren. Diesbezügliche Gerüchte am Kapitalmarkt entbehren jeglicher Grundlage. freenet.de steht auch nicht in Verhandlungen zur Übernahme eines Wettbewerbers]. Eine verbotene Marktmanipulation war das doch sicher nicht, oder?


Einst bezeichnete die Telekom den Wettbewerber als MogelCom. Offensichtlich hatte sie damit gar nicht so Unrecht. Mit Ruhm hat sich die Telekom seither aber auch nicht gerade bekleckert. Was auch die Massenklage der Aktionäre gegen sie zeigt. Als Fazit bleibt, dass man besser von beiden Unternehmen die Finger lassen sollte. Denn ob in solchen Umfeldern Werte gebildet werden können, ist mehr als fraglich.


Quelle: Norbert Lohrke, Globalyze KG, mit freundlicher Genehmigung.

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