Mit zweierlei Maß

16.10.2007 Bundesnetzagentur vergibt DVB-H Frequenzen an Mobilnetzbetreiber.[update 17.10.2007] Jedoch wurde die Sendelizenz, also die inhaltliche Programmgestaltung, durch die Landesmedienanstalten heute an ein Verlegerkonsortium, also nicht an die Mobilfunkunternehmen, vergeben.

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wenn die Bundesnetzagentur die Frequenzen für das Handyfernsehen, für den Schwesterstandard DVB-H zum bereits bekannten und betriebenen Digitalen Fernsehsendestandard DVB-T, ohne Auktion an den lt. der Behörde am besten geeigneten Bewerber vergeben hat. Wahrscheinlich wäre eine Vergabe mit Auktion mangels Bewerber aber auch gar nicht zustande gekommen.

Trotzdem bleibt ein bitterer Nachgeschmack. Obwohl es die Aufgabe der Bundesnetzagentur ist, für Wettbewerb im Telekommunikationssektor zu sorgen, ist die Vergabe an das Oligopol der Mobilfunknetzbetreiber erfolgt. An sich mag das hier noch ok sein, und man kann sich ja auch überhaupt fragen, ob Handyfernsehen nicht ziemlich überflüssig ist. Mit zweierlei Maß jedoch mißt die Behörde, wenn sie für die Förderung des Wettbewerbs wirklich wichtige Vergaben, von der UMTS-Auktion bis hin zur jüngst erfolgten Versteigerung der für WIMAX bzw. Breitband Wireless geeigneten Frequenzen eben per Auktion und nicht per Bestenauswahl (engl. auch als beauty contest bekannt) vergeben hat. Während die finanziellen Folgen der UMTS-Auktion bekanntlich die deutschen Standorte der Branche in den Ruin getrieben und zweistellige, milliardenschwere Marktzutrittsbarrieren geschaffen hatten, die die neuen Mobilnetzanbieter, die Frequenzen ersteigert hatten, zum Aufgeben zwang, hat auch die jüngst erfolgte WIMAX Auktion es mit immerhin Millionen-schweren Lizenzgebühren für Startups wieder ein Stück schwerer gemacht, mit dem Schaffen zusätzlicher Infrastruktur echten zusätzlichen, von der Preisregulierung unabhängigen Infrastrukturwettbewerb zu schaffen.

Wieder einmal wird also das Oligopol (inklusive der künftigen Unentbehrlichkeit der eigenen Behörde) gefüttert, während neue Wettbewerber, die neue Infrastruktur aufbauen könnten, draußen bleiben sollen.

Gleichzeitig stellt die mangelhafte Versorgung des ländlichen Raumes mit für den wirtschaftlichen Erfolg heutzutage entscheidenden Breitbandkommunikationsdiensten ein immer größeres Problem dar.

Für diese Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben in der Vergangenheit kann man der Bundesnetzagentur, vor allem ihrem sie diesen Kurs steuernden Präsidenten, nur die Note "Setzen, Sechs" erteilen. Und man sollte sich die alte lateinische Frage stellen: "Cui bono - Wem nützt es?"

zur Pressemitteilung der Bundesnetzagentur

zu den Hintergründen:
[Update 17.10.2007] Mit der Entscheidung der Landesmedienanstalten, die Sendelizenz an ein privates Verlagskonsortium zu vergeben, liegen nun technische Frequenzen und inhaltliche Sendeerlaubnis in den Händen von Konkurrenten - Absurdistan läßt grüßen.


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