T-Paternalismus
Im Interview mit der WELT spricht Thomas Sattelberger von paternalistischen Strukturen bei der Telekom, die es zugunsten von Kundenorientierung aufzubrechen gelte. Er könnte in diesem Punkt völlig Recht haben. Die Wurzeln hiervon reichen weit zurück. Schon bei der Deutschen Bundespost gab es eine zweifache Bevormundung der Mitarbeiter: Der Minister hatte immer recht, sorgte aber auch irgenwie für seine Schäflein. Und für die eigenen wirtschaftlichen Interessen der Schäflein sorgte die Deutsche Postgewerkschaft - Widerspruch oder all zu selbständiges Denken waren in diesem Umfeld nie gefragt. Man murrte aber nicht zu sehr, denn schließlich wurde für einem gesorgt, und alles war gut.
Seitdem ist viel Wasser den Rhein heruntergeflossen. Statt Bundespost gibt es die Deutsche Telekom AG, statt Postgewerkschaft die Dienstleistungsgewerkschaft Ver.di. Die Ironie an der Sache ist jedoch, dass sich der den Minister ersetzende Vorstand genausowenig wie die Ver.di-Hinterbliebenen der Deutschen Postgewerkschaft je verändert haben. Beim Vorstand ist all zu selbständiges Denken stets genauso wie bei Ver.di eher als Bedrohung empfunden worden, die beherzt von beiden Seiten eliminiert wurde: Lean Brain Management eben. Letztlich konnte auch der Bundesfinanzminister kein Interesse an einem wirklich intelligenten Vorstand haben: Der hätte sich womöglich zu genau an das Aktiengesetz gehalten und die Unverschämtheiten des Bundes, siehe die Telekom-Ballade, verhindert. So wurde das Unternehmen in den letzten Jahren konsequent seiner Intelligenz beraubt. Da gleichzeitig die Freiräume der Mitarbeiter immer mehr beschnitten wurden, kann die lange Zeit dadurch ausgeglichene Unfähigkeit an der Spitze unten nicht mehr ausgeglichen werden. Und diejenigen, die heute das Sagen haben, haben durch ihre Anpassung an genau diese paternalistische System, das Sattelberger kritisiert, ihre eigene Karriere beispielsweise bis zum Vorstandsvorsitzenden befördert, was sonst wahrscheinlich undenkbar gewesen wäre.
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