Privatisierung von Monopolen bedroht Demokratie
Des Altkanzlers Schröders Liebling Mehdorn demonstriert dies wieder einmal überdeutlich. So berichtet Frontal21 über die massive Beeinflussung der politischen Privatisierungdiskussion durch den Bahnchef, der eine ganze, von der Bahn bezahlte Lobbyistentruppe aus ehemaligen Politikern und Beamten rekrutiert hat. Eine solche Truppe soll es übrigens auch bei der Telekom-Privatisierung gegeben haben.
Das Üble daran: Die Bahn gehört nach wie vor dem Eigentümer Bundesrepublik Deutschland. D.h., es wird auf Staatskosten Lobbyismus für eine bestimmte politische Entscheidung betrieben, die wahrscheinlich am Ende persönlicher Macht und Einfluß von Herrn Mehdorn nützt - wodurch ist der aber diesbezüglich legitimiert? Durch gar nichts.
Andererseits ist die frühere Kontrolle des Eigentümers Bund bei der Bahn durch Abgeordnete des Deutschen Bundestages durch die Rechtsform der Aktiengesellschaft ausgehebelt. Sie beschränkt sich praktisch nur noch auf die Vertretung des Bundes durch die Exekutive, die eigentlich nötige Gewaltenteilung ist bei den Bundesbeteiligungen wie der Bahn, aber auch den Minderheitsbeteiligung wie der Deutschen Telekom AG nicht mehr gewährleistet.
Das Problem dabei: Einerseits gibt es kaum eine Eigentümerkontrolle über Drittaktionäre in der Hauptversammlung, weil der Bund, sprich: der Bundesfinanzminister bei der Bahn als 100% Eigentümer, bei der Deutschen Telekom AG wegen des Streubesitzes als de-facto-Mehrheitsaktionär jede vernünftige Kontrolle des Managements verhindern kann, ganz zu schweigen von einer demokratisch legitimierten Kontrolle. Tatsächlich wurden bei der Deutschen Telekom AG mehrfach Sonderprüfungen und kritische Anträge mit der Keule des de-facto-Mehrheitsaktionärs Bund ausgehebelt.
Wie sieht es nun aber andererseits mit der Disziplinierung des Managements durch die Kräfte des Marktes, sprich den Wettbewerb, aus? Auch hier lautet die Diagnose: Weitgehende Fehlanzeige, soweit nicht durch regulatorische Kraftakte mühsamst erzwungen. Denn sowohl die letzte Meile bei der Telekom als auch die Fahrwege der Bahn stellen ein weitgehend "natürliches" Monopol dar. Im Falle der Bahn sind die internationalen Erfahrungen von Privatisierungen mehr oder weniger katastrophal, selbst in den USA wurde die Privatisierung des Personenverkehrs einstmals rückgängig gemacht - und es gibt dort jetzt nur noch eine weitgehend marode Infrastruktur.
Wird also im Rahmen einer Privatisierung ein öffentliches durch ein privates Monopol oder Oligopol (z.B. Mobilfunk) ersetzt, ergeben sich kaum Effizienzgewinne für die Allgemeinheit. Jedoch geht die demokratische Kontrolle durch gewählte Volksvertreter an diesem Monopol verloren und wird durch die private Kontrolle der Seilschaft-X-Y ersetzt, die nahezu unbegrenzt abkassieren, wiederum - bei so bedeutenden Monopolen wie der Bahn - massiven Einfluß auf die Politik nehmen und so der Demokratie massiven Schaden zufügen kann. Natürlich eine feine Sache, wenn man dem Selbstbedienungsladen der Seilschaft-X-Y auf Kosten der Allgemeinheit angehört.
Eine Privatisierung, die Effizienzgewinne für die Allgemeinheit bringen soll, muss daher konsequent auf eine gleichzeitige Demonopolisierung und gleichzeitig vollständigen Rückzug des Staates als Eigentümer gerichtet sein - also ganz oder gar nicht. Bzw., wie es ja auch diskutiert wird, der Staat behält das eigentliche Monopol - die Zuständigkeit für die Infrastruktur - und sorgt für Wettbewerb bei den Dienstleistungen, den Transportangeboten. Mit dem verqueren Gesetzentwurf Tiefensees werden weder eine Privatisierung noch eine Demonopolisierung Erfolg haben. Er soll nach "bewährtem" Telekom-Muster nur Geld in die Kasse bringen, sonst nichts.
[update 12.10.2007] Die Überlegungen, natürliche Infrastrukturmonopole auch im Telekommunikationssektor von den im Wettbewerb stehenden Dienstleistern zu trennen - Deutsche Telekom AG ohne Netz - gibt es auch bei der EU.Inhaltspezifische Aktionen