Pseudoreligiöse Wahnvorstellungen
Gewiss, es gibt fast immer auch Lobbyisten und / oder Profiteure der jeweiligen Wahnvorstellungen. Aber das Problem scheint tiefer zu sitzen. Es liegt offenbar an der mangelnden Fähigkeit des Menschen, in einer sich offenbar zu rasch verändernden Welt Entscheidungen immer wieder neu bewerten und treffen zu müssen. Vom Volk gewählte Politiker sind dabei vielleicht besonders gebeutelt - leicht gelten sie als "Umfaller", wenn sie festgefügte Meinungen revidieren. Aber ist das wirklich so? Der erste Bundeskanzler Konrad Adenauer, der als ausgesprochener Fuchs galt, soll den Satz "Was geht mich mein dummes Geschwätz von gestern an!" geprägt haben. Das Problem der ständigen Anpassungserfordernis der Politik an die Realität ist also nichts Neues.
Da Konrad Adenauer (CDU) und Kurt Schumacher (SPD) schon lange tot sind, suchen wir derzeit vergebens denjenigen, der den Mut aufbringt, diesen Wahnsinn zu stoppen:
Privatisierungswahn
- Investition der Dt. Telekom AG in die griechische OTE - nach vierzig in
den USA versenkten Milliarden Euro eine neue Milliarden- Investition
mit abenteuerlichen Risiken
in und gekauft von einem Staat, der schon beim Beitritt zum Euro die EU über seine
Wirtschaftszahlen beschissen hat. Und obwohl man doch gelernt haben
müßte, dass man sich auf fremde Kulturen wirtschaftlich erfolgreich
einzustellen gar nicht in der Lage ist. Es verdienen: Vorstände,
Investmentbanker, ausgewählte Bewohner des Balkans. Finanzinvestoren. Es leiden: Die
Aktionäre, später womöglich über künftig mangels Masse mangelnde inländische Infrastruktur auch das
Gemeinwohl. Die Mitarbeiter sowieso. Was für ein Blödsinn.
- Ausverkauf der Postbank - obwohl auch die Post schon Milliarden Euro in USA versenkt hat, sollen zusätzliche Milliarden aus dem Verkauf der Postbank offenbar für weitere Abenteuer der Post frei gemacht werden. Gleichzeitig wird unter Ausnutzung der Monopolstellung der inländische Kundenservice flächendeckend weiter verschlechtert, in dem künftig fast keine eigenen Filialen mehr betrieben werden sollen. Diese Filialen rechnen sich doch vor allem in Kombination mit der Postbank. Es verdienen: Vorstände, Investmentbanker, McKinsey o.ä. Es leidet das Gemeinwohl und später auch die Aktionäre. Die Mitarbeiter sowieso. Was für ein Blödsinn.
Ach übrigens: Hat Ihnen schon mal jemand erklärt, was man eigentlich für Synergien heben kann, wenn man große Dienstleistungsunternehmen, die aus der Natur ihres Angebotes heraus nur auf ihrem jeweiligen Markt vor Ort tätig sein können, "internationalisiert"? Der Beweis des wirtschaftlichen Mißerfolges sagt klar, dass es sich nicht rechnet - für das Unternehmen! Freilich für die handelnden Akteure - Vorstände, Investmentbanker, McKinsey u.ä. Wir haben die Pseudoargumentation bis heute nicht verstanden.
- Teilverkauf der Bahn - niemand hat bisher von auch nur einem einzigen erfolgreichen Bahnprivatisierungsprojekt weltweit je gehört. Eine der am besten dastehenden Bahnen ist die SBB als staatliche Schweizer Bürgerbahn, obwohl sie große topographische Herausforderungen schon immer meistern mußte. Praktisch alle Bahnprivatisierungen endeten in einem Finanz- und Infrastrukturdesaster. Auch hier ist zu befürchten, dass Privatisierungserlöse zu weiteren Auslandsabenteuern mit Milliardenverlusten führen. Es verdienen: Vorstände, Investmentbanker, McKinsey, Finanzinvestoren. Es leidet: Das Gemeinwohl und der Steuerzahler. Die Mitarbeiter. Was für ein Blödsinn.
Europawahn
Das geeinte Europa als Ersatzreligion. Vor lauter Freude schöner Götterfunken nimmt niemand zur Kenntnis, dass der ursprüngliche institutionelle Aufbau der EU einem ganz anderen Zweck diente, als diese nach dem Vertrag von Lissabon bekommen würde. In einem Staatenbund, der sich zu einer Wirtschaftgemeinschaft zusammengeschlossen hat, macht eine unabhängige Kommission als Wettbewerbsbehörde mit einem Ministerrat und einem EU-Pseudo-Parlament einen gewissen Sinn. Aber nicht, wenn aus diesem Staatenbund ein Bundesstaat wird: Dann braucht man schon das volle verfassungsrechtliche Programm, mit Gewaltenteilung und Einhaltung des Demokratieprinzips. Aber im pseudoreligiösen Europawahn wird dieser äußerst kritische Punkt überhaupt nicht wahrgenommen.
Was sagt Mark Twain zu alledem?
"Nachdem wir das Ziel endgültig aus den Augen verloren hatten, verdoppelten wir unsere Anstrengungen."
Und dazu heute (28.6.08) noch ein passender Link, als hätten wir's geahnt:
Manager-Magazin über personelle Konsequenzen des OTE-Einstiegs der D.T.
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