Staat als doppelt so schlimme Heuschrecke
Heuschreckenalarm im Schwabeländle...
Vergangene Woche "nahm" der angelsächsische Finanzinvestor Permira die vormals grundsolide schwäbisch-mittelständische Hugo Boss AG "aus" - so titelte die Financial Times Deutschland. In der Tat sind die Zahlen wenig vergnüglich: Mit 450 Millionen Euro Dividende inklusive Sonderausschüttung ist die Zahlung an die Aktionäre dreimal so hoch, wie der erwirtschaftete Gewinn. Die Verschuldung des Unternehmens steigt damit um 350 Millionen auf deutlich über 500 Millionen Euro, die Eigenkapitalquote hingegen sinkt ganz und gar unschwäbisch von 52 auf knapp 20 Prozent. Die volks- und weltwirtschaftliche Daseinsberechtigung der Private Equity Finanzinvestoren besteht eigentlich in der Risikofinanzierung von Wachstumsstories, nicht in der einseitigen Risikoerhöhung für bereits übernommene Firmen durch Ausnehmen. Langfristig macht man sich so den Markt kaputt, denn welcher Mittelständler möchte noch an solche Investoren verkaufen? Freilich sind die Private Equity Fonds im Moment selbst die Getriebenen der Turbulenzen an den Kapitalmärkten, und zwar genau weil sie überzogen mit Hochrisikokrediten finanziert haben - ironischerweise nur übertroffen vom Staat.
... und doppelt so viele am Rhein...
Böse Zungen würden sagen, am Rhein hat man noch nie so solide gewirtschaftet, wie im Schwabenland (oder auch im Sauerland, wo Franz Müntefering herkommt). Vielleicht erklärt das den bisher fehlenden Aufschrei - anders als bei Hugo Boss. Dort schüttet nämlich die Deutsche Telekom AG mit 3762 Millionen Euro gegenüber einem Gewinn von nur noch 569 Millionen Euro das sechsfache des Gewinns aus der Substanz aus, vor allem an den Großaktionär "Finanzinvestor" Bund, direkt und indirekt vertreten durch dessen - sozialdemokratischen - Finanzminister. Nach dem Aufschrei lauscht man also vergebens, vielleicht auch, weil die Zahlendarstellungen des Vorstands so intransparent sind, dass es bisher kaum einer verstanden hat.
Ob es Franz Müntefering gefällt, dass sein Genosse Peer Steinbrück als doppelt so schlimme Heuschrecke agiert (6 = 2 x 3)? Aber ist der sich dessen bewußt? Im Bundesministerium der Finanzen ist es ja auch normal, im Jahrestakt oder noch öfter verfassungswidrige und unverständliche Gesetze zu produzieren, die selbst dem Bundesfinanzhof nicht mehr gefallen, und das Verfassungsgericht als ständige Müllabfuhr zu mißbrauchen - Hauptsache Kohle. Sucht man beim Bundesfinanzhof nach "Vorlagebeschluss", erhält man ganze Webseiten voll verfassungswidriger Gesetze aufgelistet.
Zur "Abrundung" des Gesamtbildes fehlt noch der IKB-Skandal, der den Steuerzahler Milliarden kostet.
Verkehrte Welt
Es paßt in diese verkehrte Welt, dass sich nicht etwa die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, sondern die Kreditratingagentur S&P darüber aufregt:
Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P;) sieht in den Geschäftszahlen und -planungen der Deutschen Telekom Risiken für deren Bonitätsnote. Die kommenden Monate werden zeigen, "was entscheidend für die Ratingentwicklung sein" wird.
Setzt diese das Kreditrating in Zukunft herab, wird der Schuldendienst für die Deutsche Telekom AG steigen. Schon jetzt ist die Deutsche Telekom AG im Verhältnis zur wirtschaftlichen Leistungskraft wesentlich höher verschuldet, als es Hugo Boss AG nach dem "Ausnehmen" sein wird.
Wann treten die Vertreter des Deutschen Volkes auf den Plan?
Sind unsere Abgeordneten noch die Vertreter des Deutschen Volkes? Dann wird's endlich Zeit, auf den Plan zu treten, und die verantwortlichen Ministerien auch personell gründlich auszumisten.
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