Wer wird geschützt?

Als die Menschheit sich in Staatenverbünden zusammenfand, geschah dies nicht zuletzt, um das Gesetz des Dschungels und der Faust durch ein Rechtssystem und das Gewaltmonopol des Staates zu ersetzen, dessen Aufgabe die Durchsetzung von Recht ist.

Diese elementaren Tatsachen scheinen beim Bundesministerium der Justiz in Vergessenheit geraten zu sein.

Petitionsausschuss will Petition zur Änderung der Strafrechtsverjährung in kürze ablehnen

Wir erinnern uns: Vor gar nicht langer Zeit hatte der Betreiber von T-Blog aus Anlaß der Finanzkrise und der nicht stattfindenden Aufarbeitung der Verantwortlichkeiten eine Öffentliche Petition zur Änderung der Verjährung im Strafrecht zur Veröffentlichung auf der Webseite des Deutschen Bundestages eingereicht. Das Aktenzeichen der Petition ist Pet-4-16-07-4500-048978.

Zum eigenem großen Erstaunen - das hätten selbst wir nicht für möglich gehalten - hat der Petitionsausschuss entgegen seinen eigenen Regelungen zu öffentlichen Petitionen die Veröffentlichung der Petition auf der Webseite des Deutschen Bundestages zur Mitzeichnung durch andere Bürger ohne Angaben von Gründen abgelehnt.


Mittels zweier Bundestagsabgeordneter der Großen Koalition (1x SPD, 1x CDU) bestand noch Hoffnung, die Hintergründe aufzuklären. Denn diese hatten sich mir gegenüber zur Unterstützung der Petition bzw. Aufklärung des Sachverhalts bereit erklärt. Immerhin hätte es sich ja um ein Versehen in der Bundestagsverwaltung handeln können.

Doch weit gefehlt: Wie der Petitionsausschuss heute aufgrund einer Empfehlung des Bundesministeriums der Justiz schriftlich mitteilt, soll die nunmehr nichtöffentlich behandelte Petition in wenigen Wochen endgültig abschlägig beschieden werden. Beileidsbezeigungen werden noch angenommen, denn:

Ein Stilles Begräbnis für den Rechtsstaat ist vorgesehen


Die Entscheider haben ein Stilles Begräbnis, ohne Öffentlichkeit, für die Petition vorgesehen. Und zwar, weil man der Meinung des Bundesministeriums der Justiz mit folgender Grabrede folgen will (21.4.2009):

Die strafrechtliche Bewertung der Finanzkrise obliegt nicht dem Bundesministerium der Justiz, sondern den dafür zuständigen Strafverfolgungsbehörden und Gerichten.

Die Verjährungsfristen bei Vermögensdelikten richten sich - wie auch bei allen anderen Straftatbeständen - nach der Schwere der Tat, wie sie in der jeweiligen Strafandrohung zum Ausdruck kommt. Anhaltspunkte dafür, dass dieses abgestufte System unzureichend ist, bestehen nicht.

Soweit das Anliegen des Petenten auf die Durchsetzung von zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen gerichtet ist, ist anzumerken, dass die zivilrechtlichen Verjährungsfristen unabhängig von den strafrechtlichen gelten und die Strafverfolgung keinen Einfluss auf den Lauf der Verjährungsfristen von zivilrechtlichen Schadenersatzansprüchen hat.

Das Vorbringen des Petenten bietet daher keinen Anlass für Änderungen im Bereich des materiellen Strafrechts.

Es ist klar, wer seine Politik an Menschen orientiert, die nach Herzenslust Detekteien mit womöglich illegalen Ermittlungen als Grundlage für beweisbare zivilrechtliche Schadenersatzansprüche für viel Geld beauftragen, der braucht keine Strafurteile als Grundlage für zivilrechtlichen Schadenersatz. Viel schlimmer aber: Den Ministerialen ist offenbar die rechtsfriedenstiftende Funktion eines gerechten Strafrechts per se für den Erhalt der Rechtsordnung entgangen. Wenn schon seit 1993 (!) in Fachaufsätzen zu lesen ist, dass die Verjährungsfristen zu kurz sind, um langfristig geplante Taten zu erfassen, dann kann sich der Normalbürger, der keine Detekteien beauftragen kann, offenbar nicht mehr auf das Gewaltmonopol des Staates zu seinem Schutz verlassen. Denn deliktische Ansprüche gegen einflußreiche Netzwerke und wirtschaftlich Mächtige durchzusetzen - das geht fast nicht ohne staatsanwaltschaftliche Ermittlungsergebnisse, wenn überhaupt. Man muss also aus der Antwort schließen, dass dies so gewollt ist - genauso wie übrigens auch die fehlende Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaften von den Weisungen der Politiker.

Die Konsequenz ist, dass das Gewaltmonopol des Staates, wenn es nicht mehr allen Bürgern gleichermassen dient, bald keine Rechtfertigung mehr hat und wir zivilisatorisch 1500 Jahre zurückgeworfen werden. Ein solches Mißtrauen gegenüber dem Staat ist übrigens dafür verantwortlich, dass US Amerikaner und Schweizer nie ihre Waffen in staatliche Obhut gegeben haben. Deutsche revolutionäre Traditionen sind wohl meist eher harmlos und auch erfolglos geblieben, vom Ende der DDR einmal abgesehen.

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